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Bürgerbegehren: Stadt teilt Initiatoren Ergebnis der Kostenschätzung mit

Mit insgesamt 73,5 Millionen Euro beziffert die Stadt Ahlen die Kosten des beantragten Bürgerbegehrens, das sich gegen den Neubau eines Stadthauses mit Bürgerforums richtet. Bürgermeister Dr. Alexander Berger hat heute dem Sprecher der Antragsteller, Hans-Dieter Hanses, das Ergebnis der Kostenschätzung mitgeteilt.

Am 4. Juli beschloss der Rat der Stadt Ahlen mit großer Mehrheit den Neubau eines Stadthauses und Bürgerforums sowie den Abriss des Rathauses und der Stadthalle. Mit Schreiben vom 11. Juli beantragten Hanses und Mitunterzeichner, gegen den Ratsbeschluss ein Bürgerbegehren durchzuführen. Zugleich baten sie um die gesetzlich vorgeschriebene Übermittlung der Kostenschätzung.

Die Bewirtschaftungskosten eines sanierten Rathauses liegen nach Berechnungen der Stadt jährlich rund 300.000 Euro über denen eines Neubaus. Über eine dreißigjährige Betriebszeit gerechnet, die den Sanierungs- und Neubaukalkulationen zugrunde liegt, ergebe sich daraus eine Mehrbelastung in Höhe von 9 Millionen Euro. Das Bürgerbegehren verzögere zudem den Antrag auf Fördermittel um mindestens ein Jahr. Die zeitliche Verzögerung führe dazu, das Altgebäude mindestens ein Jahr länger unsaniert bewirtschaften zu müssen. „Die Differenz der Bewirtschaftung des Altgebäudes im Vergleich zum Neubau beträgt circa 600.000 Euro pro Jahr“, teilt Berger weiter mit.

Erheblicher Knackpunkt ist die Baukostensteigerung. Zwischen 2,2 und 3,6 Millionen Euro sei hierfür pro Jahr zu berücksichtigen, so die Stadt. In der übermittelten Kostenschätzung geht sie von einem Durchschnittswert in Höhe von 2,9 Millionen Euro jährlich aus. Demnach ergebe sich zusammengefasst folgende Kostenschätzung:

Kosten für die Sanierung des bestehenden Rathauses  
(laut Beschlussvorlage „Bürgercampus der Stadt Ahlen“, Vorlage VO/1425/2019): 61.000.000 Euro

Differenz der Bewirtschaftungskosten des sanierten Rathauses im Vergleich zum Neubau über 30 Jahre: 9.000.000 Euro

Bewirtschaftung des Altgebäudes gegenüber einem Neubau für ein Jahr: 600.000 Euro

Steigerung der Baukosten bei einjähriger Verzögerung: 2.900.000 Euro.

Nicht eingerechnet sind in die Kostenschätzung die Ausgaben, die der Stadt für die Durchführung des Bürgerbegehrens entstehen. „Das Bürgerbegehren ist ein Mittel der demokratischen Bürgerbeteiligung, das darf nicht zulasten derer gehen, die es anstreben“, stellt Bürgermeister Berger dazu fest. Er erneuert seine Kritik an dem Versuch, den als „Plan B“ bezeichneten Neubaubeschluss zu Fall zu bringen. „Davor kann ich nur warnen. Das ist keine gute Idee, weil für weitere Jahre Stillstand herrschen würde.“ Der Verzicht auf die Neubaulösung koste unnötig Geld der Bürgerinnen und Bürger sowie die Gesundheit der Beschäftigten.

„Jede Sanierung von Rathaus und Stadthalle kann als zweitbeste Alternative nur die Fehler der Vergangenheit kaschieren und ausbessern“, wiederholte Berger seine mahnenden Worte, die er schon am 4. Juli dem Rat der Stadt Ahlen vorgetragen hatte. Das angestrebte Bürgerbegehren drohe als „reines Verhinderungsbegehren“ der Stadt schweren Schaden zuzufügen. „3,5 Millionen Euro Mehrausgaben allein für das einjährige Nichtstun halte ich für unverantwortbar.“ Die Bürgerinnen und Bürger bittet Ahlens Bürgermeister um Vertrauen in die von ihnen gewählten Vertreterinnen und Vertreter im Stadtrat. In einer hochkomplexen Frage hätten diese mit großer Mehrheit (36:7 Stimmen) nach monatelanger intensiver Abwägung und fachlicher Diskussion, in der Befürworter und Gegner beider Varianten zu Wort gekommen seien, sämtliche Argumente gewürdigt. „Am Ende stand ein eindrucksvoll überzeugendes Abstimmungsergebnis, das den Geboten wirtschaftlicher Vernunft und ökologischer Verantwortung Rechnung trägt.“ 

Zudem könne die etwaige Sanierung keine Qualität erzeugen, die den heutigen Ansprüchen an eine zeitgemäße, mitarbeiter-, besucher- und klimafreundliche Arbeits- und Veranstaltungsstätte entsprechen würde. Deutlich widerspricht Berger Zweifeln, die an Aussagen der Gutachten gesät werden, auf die sich der Grundsatzbeschluss zum Neubau stützt. Bis heute seien keine belastbaren Argumente vorgelegt worden, die Anlass gegeben hätten, die gutachterlichen Annahmen revidieren zu müssen.

Das Stadtoberhaupt gibt seiner Erwartung Ausdruck, dass das Neubauprojekt von der Zustimmung einer breiten Mehrheit in der Bevölkerung mitgetragen wird. „Ahlen muss jetzt zügig die große Chance ergreifen, in einem identitätsstiftenden sowie nutzerfreundlichen Bürgercampus effizienten Klimaschutz mit betriebswirtschaftlichem Weitblick zu verbinden.“ Sollte das Vorhaben ausgebremst werden von einem erfolgreichen Bürgerbegehren, das sich dem Erbe der Vergangenheit verpflichtet fühlt, drohe dies zu einer schwerwiegenden Hypothek für nachfolgende Generationen zu werden.

Wie könnte es weitergehen?

Das Bürgerbegehren ist zulässig, wenn es von sechs Prozent der Bürgerinnen und Bürger unterzeichnet ist. Maßgeblich ist die bei der letzten allgemeinen Kommunalwahl festgestellte Zahl der Wahlberechtigten. Dies ist die Kommunalwahl 2014. Die Zahl der Wahlberechtigten betrug 40.309. Es müssen demnach 2.419 gültige Unterschriften vorliegen. Der Rat stellt nach Einreichung der Unterschriften unverzüglich fest, ob das Bürgerbegehren zulässig ist. Dies könnte, falls es nicht zu einer weiteren Hemmung der Frist kommt, in der Ratssitzung am 12. Dezember erfolgen.

Ist das Bürgerbegehren zulässig, so entscheidet der Rat darüber, ob er dem Bürgerbegehren entspricht. Entspricht er ihm nicht, so ist innerhalb von drei Monaten ab Feststellung der Zulässigkeit ein Bürgerentscheid durchzuführen. Da der Bürgerentscheid gemäß § 9 der Satzung über das Verfahren zur Durchführung von Bürgerentscheiden im Gebiet der Stadt Ahlen auf einem Sonntag durchgeführt werden muss, wäre der spätmöglichste Termin hierfür der 8. März 2020. Der Tag des Bürgerentscheides würde vom Rat festgelegt.

Die Frage wäre in dem Sinne zu entscheiden, in dem sie von der Mehrheit der gültigen Stimmen beantwortet wurde, sofern diese Mehrheit mindestens 15 Prozent der Bürger beträgt. Dies wären zum heutigen Zeitpunkt 6.050 gültige Stimmen.

Foto: Stadt teilt Initiatoren Ergebnis der Kostenschätzung mit

Stadt teilt Initiatoren Ergebnis der Kostenschätzung mit