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„Pro Neubau“-Plakate: Landrat sieht keinen Grund zum Einschreiten

Die „Pro-Neubau“-Plakate in Fenstern des Rathauses dürfen bleiben. Das hat Landrat Dr. Olaf Gericke Bürgermeister Dr. Alexander Berger mitgeteilt. Der Landrat war als Kommunalaufsichtsbehörde von der BMA angerufen worden, weil sie in der Meinungsbekundung städtischer Beschäftigter einen Verstoß gegen die Neutralitätspflicht von Beamten vermutete.

„Dem kann nicht gefolgt werden“, stellt dazu der Landrat fest. Es sei nicht auszumachen, ob Beamte oder Angestellte des öffentlichen Dienstes die Plakate aufgehängt haben. Für Beamte gelten im Vergleich zu Angestellten unterschiedliche Neutralitätspflichten. Aber selbst wenn ein Verstoß gegen Neutralitätspflichten festzustellen wäre, so läge es am Bürgermeister im Wege seiner Dienstaufsicht oder seines Hausrechtes gegen die Plakate vorzugehen (vgl. OVG Münster, NVwZ-RR 1991, 35 ff). Der Bürgermeister wiederum untersteht nicht der Dienstaufsicht des Landrates.

Ohnehin gelten für den Bürgermeister und die Stadtverwaltung die Neutralitätspflichten bei Bürgerentscheiden nur eingeschränkt (vgl. OVG Münster, Beschluss v. 07.10.2016, 15 B 948/16). Im Falle von Abstimmungen durch das Volk seien die bei Wahlen geltenden Grundsätze nicht uneingeschränkt anwendbar. So habe die Rechtsprechung aus den grundlegenden Unterschieden, die zwischen Wahlen und Abstimmungen bestehen, hergeleitet, dass das Gebot der Neutralität des Staates und seiner Organe nicht gilt. Es handelt sich bei Bürgerentscheiden nicht um „den Grundakt staatlicher Legitimation“, sondern um eine Abstimmung über einzelne Sachfragen, bei denen eine lebensnahe Betrachtung erforderlich sei. „Die im Rathaus tätigen Mitarbeiter sind hier bereits aufgrund dieser Tätigkeit derart in den Entscheidungsprozess über den Neubau des Rathauses eingebunden, dass eine weitergehende Neutralitätspflicht als die des Bürgermeisters von ihnen nicht erwartet werden kann“, so Gericke. 

Ein Verstoß der Stadt Ahlen bzw. des Bürgermeisters sei daher nicht auszumachen. Der Bürgermeister dürfe zum Bürgerbegehren Stellung nehmen und seine Meinung kundtun (vgl. eingehend OVG Münster, Urteil v. 27.06.2019, 15 A 2503/18). Auch liege kein Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot vor, da lediglich die Auffassung zum Bürgerbegehren der Stadtverwaltung bzw. des Bürgermeisters kundgetan wurde und diese weder unsachlich noch unverhältnismäßig war.

„Dass Beschäftigte der Stadtverwaltung Plakate mit einem Pro-Neubau-Slogan in den Fenstern des Rathauses zeigen, verstößt nach meiner Auffassung nicht gegen das Neutralitätsgebot“, äußerte Berger zuvor in einer Stellungnahme an den Landrat. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verschafften sich im Vorfeld des Bürgerentscheides öffentlich Gehör, um eine ökologisch wie ökonomisch sinnvolle Entscheidung herbeizuführen. „Ich beabsichtige nicht, diese Meinungsäußerungen zu unterbinden.“

Es sei nicht nachzuvollziehen, „worin der Antragsteller konkret Anhaltspunkte dafür erkennt, dass durch die Plakatierung die unparteiische und gemeindewohlorientierte Amtsführung gefährdet ist“, fuhr Berger fort. Gleichwohl werde er dafür Sorge tragen, dass während der Öffnungszeiten des Briefabstimmungsbüros die Wege zum Abstimmungsraumfrei von Willensbekundungen seiner Mitarbeitenden seien. „Ebenso werden sich am Abstimmungstag keine Plakate, die den Bürgerentscheid betreffen, im und am Rathaus sowie in seinem engeren Umfeld befinden.“ Das gelte auch für die unmittelbare Umgebung der Abstimmungslokale.

Foto: In einigen Fenstern des Rathauses bringen Beschäftigte der Stadtverwaltung ihre Haltung zum Ausdruck.

In einigen Fenstern des Rathauses bringen Beschäftigte der Stadtverwaltung ihre Haltung zum Ausdruck.