Wir vom Stadtmagazin haben uns mit Diskallico getroffen und wollten das Warum wissen. Wie hat alles angefangen, wie geht es weiter. Daher haben wir uns mit ihm getroffen. Für euch vor Ort: Unsere Redakteurin Anika.
Diskallico sitzt mir gegenüber, die Stimme fest, der Blick offen – doch in seinen Augen liegt etwas, das von den Jahren erzählt, in denen nichts mehr ging. "Wir haben in drei Jahren genug Schicksalsschläge hinnehmen müssen, die sonst für zehn Familien reichen würden", sagt er ruhig.
Zwischen 2017 und 2021 war nichts mehr wie vorher. Burnout, Tinnitus, Lockdown, Stillstand. Das Leben schaltete in den Notbetrieb. "Ich habe zwei Wochen eigentlich nur noch auf dem Sofa gelegen. Mir ist die Decke auf den Kopf gefallen. Und mir war klar – so geht es nicht weiter. Mein Gedanke war: Ich bin 58 Jahre alt. Wenn ich so weitermache, dann bin ich in zwei Jahren tot."
Ein klarer Gedanke – und ein Wendepunkt. Was hat früher Spaß gemacht? Bewegung. Musik. Der erste Schritt: rauf aufs Fahrrad. Der Körper kam wieder in Gang – der Kopf war noch laut. Tinnitus. Die Lösung? Musik. Laut genug, um das Piepen zu übertönen.
Die erste Bluetooth-Box landete am Rad – natürlich nicht irgendwie befestigt, sondern von Diskallico, gelernter Maschinenbauer, präzise in den Rahmen integriert. Technik, Licht, Bewegung – und ein neuer Takt fürs Leben. Nach und nach kamen Lichtquellen dazu: Taschenlampen, LED-Streifen, reflektierende Kleidung. Das Fahrrad wurde zur leuchtenden Bühne – und Diskallico fuhr raus aus der Dunkelheit.
Und die Menschen? Die reagierten. Sie winkten, lachten, filmten. Musik und Licht wurden zum Dialog. Diskallico recherchierte – und fand Gleichgesinnte: In Palermo, Los Angeles – bei der Venice Electric Light Parade. Er schrieb dem Gründer, bekam Antwort, blieb im Austausch. Die Erkenntnis: Diese Energie, diese Freude, die geht auch in Deutschland.
2021 - Eine erste Tour
Im September 2021 fuhr er die erste Tour – allein, aber sichtbar. Der Name war bald gefunden: Diskallico – eine Mischung aus Disco, Karl und ein bisschen galaktisch. Kein Sport, kein Protest, keine Mission. Eine mobile Party auf zwei Rädern. Offen für alle, die leuchten wollen.
Der erste offizielle Auftritt folgte im Dezember 2021 – beim Weihnachtsmarkt in Kirchheim unter Teck. Kalt, aber herzlich. Ein älterer Mensch kam und sagte: "Danke, dass du mir heute ein Lächeln geschenkt hast." Diskallico war berührt – und wusste: Das ist größer als er selbst.
Heute sind daraus die Diskallico Light Rider geworden – eine Community auf Rädern. Sichtbar, laut, bunt. Was in Herbern begann, leuchtet mittlerweile auch in Münster, Hamm, Lünen, Köln. Schulen, Polizei, Veranstalter – sie alle kennen die Diskallico Light Rider. Ein fahrendes Plädoyer für Sichtbarkeit im Straßenverkehr. Ein Protest in LED.
Und: ein Gefühl. Wer mitfährt, spürt, dass es hier nicht nur um Technik oder Verkehrssicherheit geht. Es geht ums Miteinander. Um Freude. Um Licht.
In Ahlen hat Diskallico mittlerweile zwei feste Begleitungen gefunden. Treffpunkt ist oft der Buschhoffkreisel – "Da haben wir einen Fan", sagt er mit einem Grinsen. Warum er regelmäßig aus Ascheberg kommt? "Weil Ahlen mich mit offenen Armen empfangen hat."
Diskallico sagt: "Wenn du im Dunkeln fährst, musst du leuchten." Und manchmal reicht ein leuchtendes Rad, um das Leben wieder in Gang zu bringen.